[Aktualisiert am Dienstag, 13. Februar 2024]
Einen äußerst gelungenen Auftakt für das Jubiläumsjahr des Wertheimer Dietrich-Bonhoeffer- Gymnasiums erlebten am Samstagabend etwa 250 Besucherinnen und Besucher im Bernhard-Saal des Klosters Bronnbach. Gelungen nicht nur in der Summe der einzelnen Beiträge, sondern auch in deren Dramaturgie, die den immerhin dreistündigen Abend zu einem abwechslungsreichen, interessanten und musikalisch mitreißenden Erlebnis werden ließ.
Musikalisch stand der Abend ganz im Zeichen des Big-Band-Sounds und wurde gestaltet von der Phoenix-Band des DBG unter der Leitung von Claus Lippert und der Landes-Lehrer-Big Band, die Stefan Send vom Platz des Alt-Saxophonisten aus leitet.
Die Phoenix-Band ist mit ihrer Besetzung aus fünf Holzbläsern, drei Trompeten und Rhythmus-Section aus Klavier, Gitarre, Schlagzeug und auf dem Keyboard gespielten Bass noch keine Big Band, entwickelt sich aber langsam dorthin. Sie eröffnete den Abend mit „April in Paris“ und konnte hier gleich mit einer (bei Schulbands nicht immer selbstverständlichen) sauberen Intonation und präzisen Grooves für sich einnehmen.
Die bereits erwähnte Dramaturgie des Abends erlaubte es der Schulband, den ersten Teil des Abends zu prägen ohne sich übernehmen zu müssen, denn nach dem ersten Stück folgten die Grußworte des DBG-Schulleiters Reinhard Lieb und des Wertheimer Oberbürgermeisters Markus Herrera-Torrez.
Reinhard Lieb, der auf die Intergrationskräfte der am DBG gut funktionierenden „Schulfamilie“ DBG verwies und den Zuhörern „genussvolle Momente“ wünschte, stellte zugleich die kommenden Aktivitäten im Rahmen des Schuljubiläums dar. Der OB machte in seinem Grußwort die Bedeutung von 650 Jahren Bildung als Möglichkeit des Aufstiegs des Einzelnen, aber auch des Gemeinwesens deutlich. Bildung ist und führt zu zivilisatorischem Fortschritt, so sein Credo. Zugleich verwies er auf die Verpflichtung der Kommune, das Schulwesen als die wichtigste Aufgabe kommunaler Daseinsfürsorge wahrzunehmen und entsprechend zu fördern. Wertheim, so Herrera-Torrez, setze schon seit langem und auch weiterhin einen Investitionsschwerpunkt in die für die schulische Bildung nötige Infrastruktur.
Vor dem inhaltlichen Schwerpunkt des ersten Teils des Abends, der Rede des Vorsitzenden des historischen Vereins Wertheims war noch einmal ein Quintett aus der Phoenix-Band zu hören. Mit ihrer „Take-five“-Interpretation erhielten die beiden Solisten Christian Hartke, Trompete, und Christoph Klomp, Schlagzeug, die ersten begeisterten Ovationen des Abends.
PD Dr. Kleinhagenbrock führte anschließend die Besucher in die Schulwelt des Mittelalters ein und machte deutlich, dass die älteste Bildungseinrichtung Badens deutlich älter sein müsse als die derzeit gefeierten 650 Jahre. Denn diese Zahl bezieht sich auf die erste urkundliche Erwähnung der Schule, die gräfliche Stiftungsurkunde, die man heute vielleicht als eine Mischung aus Verwaltungsvorschrift und Gebührenordnung bezeichnen würde. Aber selbst mit „nur“ 650 Jahren wäre die Wertheimer Schule älter als die meisten Universitäten Europas – lediglich die Prager Uni ist noch älter – und habe damit im Trend einer umfassenden Bildungsinitiative gelegen. Auch wenn sich seit damals die Unterrichtsinhalte stark verändert hätten, so gehe es doch damals wie heute darum, durch Bildung die uns umgebende Welt zu durchdringen und zu verstehen.
Vor der Pause dann wieder die Phoenix Band mit „Autumn leaves“ und einem nicht nur rhythmisch komplexen eigenen „Funkology“-Arrangement – klasse!
Nach der Pause begeisterte dann die Landes-Lehrer Big Band BW gleich zu Beginn mit „Strike up the band“ von G. Gershwin. Das groß besetzte Ensemble (5 Sax, 4 Trompeten, 4 Posaunen, Vocals und Rhythmussection) mit dem nicht wirklich mitreißendem Namen, bezeichnet sich selbst als die heißeste Boy-Band Baden-Württembergs. Da der Schreiber dieser Zeilen leider die falsche Brille auf hatte, kann das an dieser Stelle weder bestätigt noch dementiert werden. Auf jeden Fall überzeugten die Jungs – die Besetzung war beim Wertheimer Auftritt tatsächlich eine rein männliche – mit heißen Rhythmen und coolen Sounds. Gleich zu Beginn trat Ulf Hannig solierend in den Vordergrund – er ist zugleich der Anker zwischen beiden Bands, spielt er doch in der Schul- wie in der Lehrerband mit. Von den zahlreichen Solisten des Abends sind vor allem der Sänger und Conferencier des Abends, Klaus-Dieter Mayer und der in Wertheim nicht unbekannte Michael Geiger zu nennen, der nicht nur kurzfristigst als vierter Trompeter eingesprungen war, sondern in „Moanin“ eines der virtuosesten Soli des Abends sauber ablieferte.
Die in ganz Baden-Württemberg lebenden Ensemblemitglieder überzeugten mit Klassikern wie „As time goes by“ ebenso wie mit neuen Arrangements wie „Drip Drop“ von Tobias Becker.
Den Abschluss des Abends bildeten mit „Superstition“ und noch einmal der Funkology zwei Stücke, bei denen beide Ensembles zusammen spielten. Erstaunlich, wie präzise und homogen die beiden Klangkörper nach nur einer Probe zusammen wirkten und entzückend zu sehen, wie überwältigt die Mitglieder der Schulband von dem tosenden Applaus waren, der ihnen und ihren älteren Kollegen zu Recht entgegen brandete.
[Carsten Klomp]