Weihnachten läuft…
Advent am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium

[Aktualisiert am Mittwoch, 10. Februar 2021]

Weihnachten läuft? Seit ein kleines, aber gefährliches Virus auf allen Ebenen der Politik und Gesellschaft, der Wirtschaft und der Medien, der Religionen und der Kirchen sowie der Bildung und Kultur allenthalben das Geschehen fest im Griff hat, fragt man sich auch am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Wertheim, ob und wie Weihnachten denn dieses Jahr „läuft“.

Weihnachten, dieses Fest, das Glaubende und Nichtreligiöse in faszinierender Form jedes Jahr trotz aller Gegensätze irgendwie verbindet, ist mit einem Mal in Frage gestellt. Der traditionelle Schulgottesdienst in den Wertheimer Kirchen fiel pandemiebedingt bereits im Sommer aus und wird auch am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien dieses Jahr nicht stattfinden. Verunsicherung und Isolation, die Notwendigkeit, sich von anderen Menschen fernzuhalten, krude Verschwörungstheorien und bei manchen die Infragestellung unserer demokratischen Ordnung prägen diese Zeit. Ob das Virus verschwinden wird oder ob wir noch lange damit leben müssen, ist unter den Forschern, der Politik und in der öffentlichen Diskussion umstritten. Folglich ist auch unklar, ob wir Weihnachten in diesem Jahr mit den liebgewordenen Ritualen und Bräuchen werden feiern können. Gefährden wir uns und andere? Können wir im Kreis der Schulgemeinschaft und der Familie Zusammensein erleben oder wird alles ganz anders?

Das waren und sind herausfordernde Fragen, der sich die Fachschaften der evangelischen und katholischen Religionslehre am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium im Herbst 2020 stellten, um die Adventszeit an der Schule sinnvoll zu planen. Für sie war klar: Die menschliche Botschaft von Weihnachten darf auch in diesen seltsamen Zeiten nicht unter den Tisch fallen. Helligkeit und Wärme der Adventszeit sollen nicht einem seuchenhygienischen Pragmatismus anheimfallen, der die einzelnen Akteure der Schulgemeinschaft noch mehr als nötig voneinander isoliert.

So wurden mehrere Aktionen gestartet, die der aktuellen Situation angepasst sind und dennoch ein vorweihnachtliches Gemeinschaftsgefühl für alle entstehen lassen können. Verschiedene Aktiv-Stationen können von Lehrenden und Lernenden durchlaufen werden und sollen auf das Weihnachtsfest vorbereiten:

Im sogenannten „Raum der Stille“ des DBG wurde unter Verwendung von Moos, Steinen und Rindenholz eine großdimensionierte Weihnachtskrippe mit selbst angefertigten Figuren aufgestellt, die der Barockzeit in der alpenländischen Region entstammen. Weihnachtliche Texte des Namensgebers der Schule, Dietrich-Bonhoeffer, wurden zu stimmungsvollen Klassen-Meditationen vorbereitet. In der Schul-Cafeteria dekorierte die Deko-Arbeitsgemeinschaft den gemeinsamen Speiseraum mit Tannenbaum, Adventskranz und anheimelnden Fenstersilhouetten unter einem Sternenhimmel. Die Schülerinnen und Schüler der Klassen 7 begannen schon im Herbst klösterliche Buchmalereien des Mittelalters zu biblischen Themen anzufertigen. Eine 8. Klasse initiierte die Planung digitaler Dioramen unter Verwendung von Spielfiguren eines fränkischen Herstellers, der dazu die Veröffentlichungs-Erlaubnis erteilte. Ein Adventskalender für die gesamte Schulgemeinschaft und die pädagogische Vermittlung von adventlichem Brauchtum, wie Barbarazweige, Lieder, Heiligenlegenden sowie biblische Geschichten runden die Gesamtaktion am DBG ab. Doch intendieren diese Aktionen mehr als nur stimmungsvolle Untermalung der dunklen Jahreszeit.

Dietrich Bonhoeffer meinte bereits in den frühen 1930er Jahren zum Advent, dass man ihn nur feiern könne, wenn man sich bewusst in die Gemeinschaft einbringe. Unbeteiligtsein und Passivität bedeuteten für ihn eine Pervertierung der gesamten christlichen Ethik, wenn er meint: „Wenn wir an diesem Advents- und Weihnachtsgeschehen teilnehmen wollen, so können wir nicht einfach zuschauerisch wie bei einem Theater danebenstehen und uns an all den freundlichen Bildern freuen, sondern dann werden wir selbst in diese Handlung, die da geschieht, in diese Umkehr aller Dinge mit hineingerissen, da müssen wir mitspielen auf dieser Bühne, da ist der Zuschauer immer schon eine handelnde Person in dem Stück, da können wir uns nicht entziehen.“ Bonhoeffer meint, dass die Botschaft von Weihnachten unbedingt zur aktiven Tat aufruft; zum Einsatz für andere, zum Engagement für Gerechtigkeit, zum Einschreiten gegen Unrecht und Gewalt: „Wer von uns wird Weihnachten recht feiern? Wer alle Gewalt, alle Eitelkeit, allen Hochmut, endlich niederlegt an der Krippe, wer sich hält zu den Niedrigen.“ Nur dann kann man sagen: „Weihnachten läuft!“ In Wertheim, am DBG und überall.

Andreas Jost, DBG-Wertheim